Farbe macht Spaß!

© Text, Illustrationen: Claudia Wollny

Jeder hat wahrscheinlich seine Lieblingsfarbe(n) und kommt immer wieder auf sie zurück. Dies hat etwas mit der individuellen Wahrnehmung von Farbe und den damit verknüpften Erfahrungen und Emotionen zu tun. Es gibt zwar keine allgemeingültige Wirkung von Farben, jedoch einige allgemeingültige Regeln.
Wenn du kein „zufälliges“ Ergebnis in einem Quilt oder einer anderen Patchworkarbeit erhalten möchtest, solltest du dich bereits bei der Stoffauswahl Gedanken darüber machen, welche Wirkung du erzielen möchten: Möchtest du einen harmonisch wirkenden, kuscheligen Sofaquilt nähen, der möglichst auch die Farben des Sofas oder des Wohnzimmers aufgreift, oder möchtest du ein Muster mit starken Kontrasten aufregend gestalten, das dann zum farblichen Mittelpunkt eines sehr hell und ruhig gestalteten Zimmers wird? Möchtest du kühle oder warme Farben verwenden? Es reichen bereits wenige Kenntnisse über Farbe aus, um die Patchworkarbeit ins rechte „Licht“ zu setzen.


Grund- und Mischfarben

Als Grundfarben werden allgemeinhin Rot, Blau und Gelb angesehen, alle anderen Farben gelten als Mischungen aus diesen drei Grundfarben, z. B. entsteht Grün, wenn man Gelb und Blau mischt. Violett entsteht, wenn man Blau und Rot mischt. Aus Rot und Gelb entsteht Orange. Die Farben lassen sich immer weiter mischen, so dass man immer feinere Nuancen erhält.



Der Hell-Dunkel-Kontrast

Zwischen den beiden Polen Schwarz und Weiß kann man das Zusammenspiel von Hell und Dunkel am besten nachvollziehen. Wenn Hell nur in geringer Menge von großer Dunkelheit umgeben ist, leuchtet es besonders stark. Und deshalb kann man auch verstehen, warum die gleiche Menge von z. B. Weiß auf Schwarz viel größer wirkt als umgekehrt.



TIPP! Wenn du die Möglichkeit hast, deine Stoffe oder Blöcke, die du zu einer Fläche arrangieren möchtest, mit einer Digitalkamera zu fotografieren, kannst du sie auf den Computer überspielen und mit einem geeigneten Programm (z. B. Adobe Photoshop oder Microsoft Office Picture Manager) auf Graustufen setzen und durch diesen kleinen Trick die Leuchtkraft der einzelnen Stoffe besser beurteilen. Eine andere Möglichkeit ist es, die Stoffe durch eine rote Folie zu betrachten.   Die „Helligkeit“ (Intensität/Farbstärke) einer Farbe bezieht sich auf ihre Reinheit. So sind die „reinbunten“ Farben des Farbkreises kräftig und leuchtend. Gemischte, abgedunkelte oder aufgehellte Farben verändern ihre Helligkeit.
Die Leuchtkraft einer Farbe wird beeinflusst durch ihren Hintergrund. Gelb auf Schwarz hat den größtmöglichen Helligkeitsabstand zum unbunten Hintergrund, Violett auf Schwarz jedoch kaum noch. Entscheidend für die Leuchtkraft einer Farbe ist der Helligkeitsabstand, den die Farbe zum unbunten Partner hat.




Der Bunt-Unbunt-Kontrast

Schwarz, Grau und Weiß haben als gemeinsames Merkmal das „unbunte“ Aussehen. Die „reinbunten“ Farben, wie sie im Farbkreis angeordnet sind, enthalten kein Weiß oder Schwarz.
Alle Grauschattierungen zwischen Weiß und Schwarz können durch die Nachbarfarben sehr leicht beeinflusst werden und verlieren dadurch ihren unbunten Charakter. Je nachdem, auf welchem Hintergrund sie sich befinden, „schimmert“ im Grau die jeweilige Hintergrundfarbe mit (s. a. „Der Simultankontrast“).



Mit dem gesamten Spektrum zwischen Weiß und Schwarz kann man einen sehr farbintensiven Quilt „beruhigen“.




Der Simultankontrast

„Simultan“ bedeutet „gleich-“ oder „wechselseitig“. Der Simultankontrast beschreibt die Wechselwirkung von nebeneinanderliegenden Farben, die man „gleichzeitig“ sieht, so wie bereits beim Bunt-Unbunt-Kontrast beschrieben. Auch bunte, benachbarte Farben beeinflussen sich gegenseitig und bewirken eine Farbempfindung, die nicht vorhanden ist, wenn man die Farben einzeln für sich betrachtet.



Der Sukzessivkontrast

Der Sukzessivkontrast ist ein optischer Effekt: Wenn man nach längerem Betrachten einer Farbe anschließend auf eine weiße Fläche sieht, „erscheint“ die Komplementärfarbe. Das Gehirn „interpretiert“ die Farbe und sieht nun die Gegenfarbe.

Der Komplementärkontrast

Komplementärfarben (auch „Gegenfarben“ genannt) stehen sich im Farbkreis direkt gegenüber. Sie bilden den stärksten Kontrast, den zwei Farben haben können, z. B. Violett und Gelb, Blau und Orange, Grün und Rot, und steigern sich dadurch gegenseitig in ihrer Wirkung.
Quilts, in denen Komplementärfarben verwendet werden, fallen auf und sind auf- und anregend. Als Wandquilt im Schlafzimmer eignet sich z. B. ein rot-grüner Quilt deshalb nicht!




Der Quantitätskontrast

Hierbei geht es tatsächlich um die Menge zweier oder mehreren Farbflächen zueinander. Stehen zwei Farbflächen im Verhältnis 1:1 zueinander, wirkt dies starrer, als wenn man ein ungleiches Mengenverhältnis wählt, das erst zu einer schönen Aussage verhilft.



Die Leuchtkraft der einzelnen Farben ist unterschiedlich. Wenn man ein harmonisches, aussagekräftiges Gesamtbild erzielen möchte, sollte man sich an folgenden Mengenverhältnisse der Komplementärkontraste orientieren:



Gelb – Violett:    Gelb leuchtet dreimal so stark wie Violett.
Orange– Blau:   Orange leuchtet etwa doppelt so stark wie Blau.
Rot– Grün:         Rot und Grün leuchten gleich stark.


Kalt und Warm

Die Farben werden eingeteilt in so genannte „kalte Farben“ (Gelb-Grün bis Violett) und „warme Farben“ (Gelb bis Rot-Violett). Gestaltet man einen Quilt aus grünen und blauen Stoffen, wirkt er kühl. Ein Quilt aus z. B. Orange, Gelb und Rot vermittelt einen warmen Eindruck.



Beide Farbgruppen kann man jedoch auch sehr gut in Kontrast zueinander setzen, indem man ein Muster aus warmen Farben (z. B. Stern) auf einen Hintergrund aus kalten Farben setzt. Das sieht sehr viel spannender aus, als wenn Sie alles Ton in Ton setzen. Vor allem traditionelle Patchworkmuster kommen durch schöne Helligkeits- und Farbkontraste erst richtig zur Geltung.




Abgedunkelte und aufgehellte Farben

Durch das Mischen von Farben mit Schwarz werden Farben abgedunkelt und sehen „gedeckt“ aus. Auch abgedunkelte Farben weisen alle Merkmale der reinen Farben auf.



Dies gilt natürlich auch für die Komplementärfarben.



Werden Farben mit Weiß aufgehellt, entstehen Pastellfarben. Auch die aufgehellten Farben weisen alle Merkmale der reinen Farben auf.



Dies gilt wiederum auch für die Komplementärfarben.



Monochrome Farben

Monochrome Farben entstehen aus einem einzigen Farbton, der in verschiedenen Farbstärken (Intensität-/Helligkeitsstufen) und Tonwerten gemischt wurde.



Verläufe

Verläufe geben Ihrer Arbeit eine „Richtung“. Und zwar können sowohl die Verläufe als auch die Richtung unterschiedlich gestaltet sein. So kann sich der Verlauf auf die Helligkeit beziehen, beispielsweise in verschiedenen Grauabstufungen von Weiß nach Schwarz …



… oder von kalten nach warmen Farben:



Der Verlauf kann auch ein analoger Farbverlauf aus drei nebeneinanderliegenden Farben aus dem Farbkreis sein. „Analog“ bedeutet „ähnlich/entspannend“. So hat z. B. ein Bettquilt mit einem analogen Farbverlauf eine harmonische und beruhigende Wirkung.



Die Richtung, die der Verlauf hat, kann linear, diagonal oder auch radial sein: außen nach innenoder von der Mitte nach außen gehen.



Klänge

Auf der Farbscheibe (z. B. von Mettler) findest du in der Mitte eine kleine Scheibe mit weiteren Kontrasten bzw. Harmonien. So finden Sie dort auch den Gebrochenen Komplementärkontrast, den Farb-Dreiklang und den Farb-Vierklang. Die so genannten „Klänge“ bestehen aus mehreren qualitativ gleichwertigen Farben, die in einer definierten Beziehung zueinander stehen. Ihr Abstand innerhalb des Farbkreises ist jeweils gleich. „Klangfarben“ stehen in gewissem Kontrast zueinander, wirken dabei jedoch harmonisch. Sie erzeugen somit gleichzeitig eine sehr wirkungsvolle Stimmung und Spannung. 

Farb-Dreiklang:


Quadratischer Vierklang:


Rechteckiger Vierklang:


Der Dreiklang Gelb, Rot und Blau gilt als der stärkste Farb-Dreiklang:


TIPP! Einen zusätzlichen spannenden Effekt kannst du erzielen, wenn du Kontraste nach dem Prinzip des Goldenen Schnitts einsetzt.